Österreichische Familienbeihilfe in grenzüberschreitenden Fällen
In der heutigen globalisierten Welt werden immer mehr Mitarbeitende vermehrt grenzüberschreitend tätig, wodurch insbesondere im Zusammenhang mit Familienleistungen häufig Unklarheiten entstehen. Welcher Staat ist primär zur Leistung zuständig, welche Anspruchsvoraussetzungen gibt es und wie sieht das Antragsverfahren aus? Der folgende Blogbeitrag schafft Klarheit.
Grenzüberschreitende Zuständigkeiten
Österreichische Familienbeihilfe gebührt für ein Kind, welches den Lebensmittelpunkt und den Wohnsitz in Österreich hat und im gemeinsamen Haushalt der Eltern lebt.
In grenzüberschreitenden Fällen innerhalb der EU/EWR/Schweiz kann ein Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe jedoch auch dann bestehen, wenn das Kind weder einen Lebensmittelpunkt noch einen Wohnsitz in Österreich hat. Vorausgesetzt wird jedoch ein relevanter Bezug zu Österreich. Die Zuständigkeitsregelungen sind in der EU Verordnung (VO 883/2004) definiert. Wichtig ist, dass in diesem Zusammenhang keine Wahlmöglichkeit für Eltern besteht. Zu Unrecht und/oder doppelt bezogene Familienleistungen führen zur Rückforderung durch die zuständigen Träger.
Die geltenden Zuständigkeitsregelungen der EU VO 883/2004 für grenzüberschreitende Fälle, lauten im Detail:
1.Beschäftigungsstaatprinzip
Befindet sich der gemeinsame Haushalt und Lebensmittelpunkt nicht in Österreich, jedoch in der EU/EWR/Schweiz, ist Österreich sodann vorrangig zur Leistung von Familienbeihilfe zuständig, sofern mindestens ein Elternteil in Österreich beschäftigt und versichert ist (“Beschäftigungsstaatprinzip”).
Falls die österreichische Familienbeihilfe niedriger ist als die Familienleistungen im Wohnortstaat, kann die Differenz im Wohnortstaat (wo der Lebensmittelpunkt des Kindes liegt) als Ausgleichs- oder Differenzzahlungen beantragt werden.
Bsp. Beide Elternteile sind in Österreich beschäftigt und versichert. Der gemeinsame Haushalt samt Lebensmittelpunkt befindet sich in Ungarn, wo auch die gemeinsamen Kinder wohnen. Aufgrund des Beschäftigungsstaatprinzips ist Österreich vorrangig für die Leistung von Familienbeihilfe zuständig. Ist die in Österreich ausbezahlte Familienbeihilfe geringer als die ungarischen Familienleistungen, kann die Differenz in Ungarn als Ausgleichszahlung beantragt werden.
2.Wohnortstaatprinzip
In Fällen, in denen beide Elternteile in verschiedenen Staaten beschäftigt und versichert sind, führt das Beschäftigungsstaatprinzip zu keiner befriedigenden Lösung. Diesfalls greift das Wohnortstaatprinzip, welches vorsieht, dass jener Mitgliedsstaat vorrangig zuständig ist, in dem das Kind mit den Eltern lebt und in dem der Lebensmittelpunkt des Kindes liegt. In solchen Fällen, kann jedoch ein Anspruch auf Ausgleichs- oder Differenzzahlungen, im anderen Beschäftigungsstaat bestehen..
Hinweis: Diese Regelung findet auch für getrenntlebende Elternteile Anwendung.
Bsp. Der Vater ist in Österreich beschäftigt und versichert, während die Mutter in Ungarn beschäftigt und versichert ist. Der gemeinsame Haushalt samt Lebensmittelpunkt befindet sich in Ungarn, wo auch die gemeinsamen Kinder wohnen. Aufgrund des Wohnortstaatprinzips ist Ungarn vorrangig für Familienleistungen zuständig. Ist die Ungarn ausbezahlte Familienleistung geringer als die österreichische Familienbeihilfe, kann die Differenz in Österreich als Differenzzahlung beantragt werden.
Antragsverfahren und Auszahlungsmodalitäten
Die österreichische Familienbeihilfe wird bei Geburt eines Kindes antragslos gewährt. Das bedeutet, dass Eltern hierzu nicht aktiv tätig werden müssen. In allen anderen Fällen (z.B. im Falle eines Zuzugs nach Österreich) ist ein Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe beim österreichischen Finanzamt notwendig. Dieser Antrag kann jederzeit (auch rückwirkend für die vergangenen fünf Jahre) gestellt. Primär anspruchsberechtigt ist jener Elternteil, der den Haushalt überwiegend führt. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass dies auf die Mutter zutrifft. Möchte der Vater einen Antrag auf Familienbeihilfe stellen, muss er entweder nachweisen, dass er den Haushalt überwiegend führt oder eine Verzichtserklärung der Mutter abgeben.
Die Familienbeihilfe ist betragsmäßig gestaffelt und wird gemeinsam mit dem Kinderabsetzbetrag monatlich ausbezahlt. Sie wird erstmalig ab dem Monat der Geburt oder des Zuzugs des Kindes gewährt. Abhängig vom Alter des Kindes und etwaiger Geschwisterkinder werden Zuschläge zum Grundbetrag gewährt.
Werte (Stand:
Juli 2025) |
0-3
Jahre |
3-10
Jahre |
10-19
Jahre |
Ab 19
Jahren |
Monatlicher Grundbetrag an Familienbeihilfe pro Kind | 138,40 Euro | 148 Euro | 171,80 Euro | 200,40 Euro |
Sollte ein Anspruch auf Ausgleichs- oder Differenzzahlung in Österreich bestehen, hat dies mittels Antrags (Formular „Beih38“) beim zuständigen Finanzamt zu erfolgen.
Sollten Sie Unterstützung bei der Antragstellung benötigen, ist das Team von People & Organisation gerne behilflich.
Achtung bei Remote Work im Wohnortstaat!
Ist Österreich aufgrund des Beschäftigungsstaatprinzips für Familienbeihilfeleistungen zuständig, laufen Mitarbeitende leicht Gefahr, diesen Anspruch zu verlieren, wenn sie physisch im ausländischen Wohnortstaat arbeiten (“Remote Work”). Abhängig vom ausländischen Wohnortstaat kann ein Wechsel in das ausländische Sozialversicherungssystem schon ab einer Remote Work Tätigkeit von 25% zwingend erfolgen, was folglich einen Verlust der österreichischen Familienbeihilfe bewirkt.
Haben Sie noch weitere Fragen zu grenzüberschreitenden Familienleistungen? Unser P&O Team von PwC Österreich unterstützt sie gerne.
Stay tuned! In unserem nächsten Blogbeitrag informieren wir Sie von welchen Steuervorteilen Familien in Österreich profitieren können.
