Neue EAS: BMF verneint Homeoffice-Betriebsstätte bei „Nicht-Verlangen“ von Homeoffice-Tätigkeit seitens der Arbeitsgebenden
Vor kurzem veröffentlichte das BMF eine neue EAS 3445 und verneinte aufgrund des „Nicht-Verlangens“ der Homeoffice-Tätigkeit seitens der Arbeitsgebenden das Vorliegen einer Homeoffice-Betriebsstätte.
Sachverhalt:
Eine in Österreich ansässige Person ist im Rechnungswesen einer in Deutschland ansässigen geschäftsleitenden Holding AG beschäftigt. Sie arbeitet dauerhaft drei Tage in der Woche in den Räumlichkeiten der AG in Deutschland. Die restlichen zwei Tage geht sie ihrer Tätigkeit in ihrer Privatwohnung in Österreich nach. Fraglich war, ob die deutsche Holding AG dadurch eine Homeoffice-Betriebsstätte in Österreich begründet.
Meinung des BMF:
Gem BMF liegt keine Betriebsstätte vor, wenn:
- die Tätigkeit als reine Hilfstätigkeit qualifiziert, oder
- die Tätigkeit im Homeoffice bloß gelegentlich ausgeübt wird, oder
- wenn der Arbeitgeber die Tätigkeit im Homeoffice nicht verlangt.
Eine Tätigkeit kann nur als bloße Hilfstätigkeit qualifizieren, sofern sie nicht das Kerngeschäft der Gesellschaft bildet. Im konkreten Fall zählen die Tätigkeiten im Rechnungswesen nach Ansicht des BMF zu den üblichen Tätigkeiten einer geschäftsleitenden Holding, die im Konzern an andere Gesellschaften erbracht werden. Die Ausnahme für Hilfstätigkeiten greift folglich nicht.
Bei einer Nutzung des Homeoffice an zwei Tagen in der Woche wird nach Ansicht des BMF die Schwelle der bloß gelegentlichen Ausübung der Tätigkeit überschritten, womit nach der österreichischen Verwaltungspraxis eine faktische Verfügungsmacht über die feste Einrichtung Homeoffice grundsätzlich fingiert und das Vorliegen einer Homeoffice-Betriebsstätte bejaht wird.
Im konkreten Fall verneint hingegen das BMF, in Anlehnung an den OECD-MK 2017, das Vorliegen einer faktischen Verfügungsmacht und damit einer Betriebsstätte, da die deutsche Holding das Arbeiten im Homeoffice von ihrer Mitarbeiterin nicht verlangt. Dies wird damit begründet, dass die Holding ihrer Mitarbeiterin einen eigenen Arbeitsplatz zur ständigen Benützung in Deutschland zur Verfügung stellt und die Mitarbeiterin ihrer Tätigkeit an diesem Arbeitsplatz drei Tage pro Woche nachgeht. Mangels Verlangens des Arbeitgebers und der damit verbundenen faktischen Verfügungsmacht liegt eine Betriebsstätte in Österreich nach Ansicht des BMF folglich nicht vor.
Für leitende Angestellte soll nach Auffassung des BMF hingegen ein ledigliches Nicht-Verlangen der Tätigkeit im Homeoffice keine Bedeutung für die Qualifikation als Betriebsstätte haben.
Praxishinweise:
- Für die Praxis stellt es eine wesentliche Erleichterung dar, dass das BMF nun bestätigt, dass keine Betriebsstätte für jene Praxisfälle, vorliegt, in denen nicht-leitende Mitarbeitenden ihre Tätigkeit 2 Tage im Homeoffice und 3 Tage im Office nachgehen. Dabei stellt das BMF auf das Nicht-Verlangen der Homeoffice-Tätigkeit seitens der Arbeitgebenden ab. Wesentlich dafür ist, dass die Unternehmen den Nachweis bringen, dass der Arbeitsplatz im Office auch tatsächlich genützt wird.
- Alle anderen Fälle, wie bei der Homeoffice-Tätigkeit von leitenden Angestellt:innen und Führungspersonal oder überwiegender Ausübung der Tätigkeit im Homeoffice, werden in der Praxis weiterhin einzelfallbezogen analysiert und beurteilt werden müssen, inwieweit die nunmehr weiteren Ausschlussgründe für eine Homeoffice-Betriebsstätte greifen und auch dokumentiert werden können.
- Bevor Unternehmen dem Wunsch ihrer Mitarbeitenden nach (mehr) Homeoffice-Tagen entsprechen, sollte daher jedenfalls vorab genau überprüft werden, welche steuerrechtlichen Auswirkungen sich auf den ersten Blick unwesentliche Änderungen im Set-up nach sich ziehen. Wesentlich ist dabei auch, wie das Nicht-Verlangen der Homeoffice Tätigkeit seitens der Arbeitgebenden dokumentiert werden kann. Auch die vertraglichen Regelungen zum Homeoffice, beispielsweise direkt im Dienstvertrag oder in Homeoffice-Leitlinien, können als mögliche Dokumentation dienen. Dabei ist aus dem arbeitsvertraglichen Blickwinkel auch auf mögliche Ansprüche der Dienstnehmenden Bedacht zu nehmen.