Grenzüberschreitend tätige GmbH-Geschäftsführer im Anstellungsverhältnis
Um in der heutigen globalisierten Welt wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen und deren Mitarbeitende zunehmend grenzüberschreitend auftreten. Auch die Geschäftsführung steht dabei oftmals vor internationalen Aufgaben- und Verantwortungsgebieten mit flexiblen Arbeitszeiten und -orten. In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, welche steuerlichen Aspekte bei grenzüberschreitend tätigen GmbH-Geschäftsführer:innen im Anstellungsverhältnis zu beachten sind.
Art 16 vs. Art 15 OECD-Musterabkommen
Die vorrangig anzuwendende Spezialnorm des Art 16 OECD-Musterabkommen (OECD-MA) regelt die Besteuerung von Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen sowie ähnlichen Zahlungen, die von einer im Vertragsstaat ansässigen Kapitalgesellschaft an eine im anderen Vertragsstaat ansässige natürlichen Person gezahlt werden. Das Besteuerungsrecht dieser Vergütungen obliegt dem Ansässigkeitsstaat der Kapitalgesellschaft, und zwar unabhängig vom Ort der physischen Tätigkeit der natürlichen Person.
Beachtenswert ist, dass in der deutschen Fassung des Art 16 OECD-MA nur überwachende Tätigkeiten („Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen“) umfasst sind. Die englische Fassung lässt aufgrund des Terminus „director’s fees“ auf internationaler Ebene eine weitergehende Interpretation zu. Dadurch sehen manche Vertragsstaaten neben Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen auch Geschäftsführervergütungen vom Anwendungsbereich des Art 16 OECD-MA erfasst, was in der Praxis zu Problemen führen kann.
Mangels expliziter Nennung in der deutschen Fassung des OECD-MA sind GmbH-Geschäftsführervergütungen nach derzeit vorherrschender Auffassung nicht von Art 16, sondern von der Generalnorm des Art 15 OECD-MA erfasst. Dieser sieht eine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat der natürlichen Person vor, außer die Arbeit wird im anderen Staat (Tätigkeitsstaat/Quellenstaat) physisch ausgeübt. Hält sich die natürliche Person jedoch innerhalb eines 12-Monatszeitraums an nicht mehr als 183 Tagen im Tätigkeitsstaat auf und werden die Vergütungen nicht von einem im Tätigkeitsstaat ansässigen Arbeitgebenden oder dessen Betriebsstätte wirtschaftlich getragen, fällt das Besteuerungsrecht wieder in den Ansässigkeitsstaat der natürlichen Person zurück.
Die Praxis zeigt, dass die Personalkosten von grenzüberschreitend tätigen GmbH-Geschäftsführer:innen häufig von einem im Tätigkeitsstaat ansässigen Arbeitgebenden oder dessen Betriebsstätte getragen werden, weshalb oft auch bei Nichtüberschreiten der 183-Tage-Grenze eine Steuerpflicht im Tätigkeits-/ Quellenstaat eintritt.
Spezialfall Art 16 Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland-Österreich
Im Verhältnis zu unserem Nachbarstaat Deutschland ist zu beachten, dass GmbH-Geschäftsführervergütungen jedenfalls im Ansässigkeitsstaat der Kapitalgesellschaft zu besteuern sind. Dies resultiert aus Art 16 Abs 2 Doppelbesteuerungsabkommen Österreich/Deutschland, welcher Geschäftsführervergütungen in Abweichung zum OECD-MA explizit erwähnt.
Sowohl im Verhältnis zu Deutschland als auch mit anderen Ländern empfiehlt es sich, Ausgestaltungen mit grenzüberschreitend tätigen Geschäftsführer:innen einer Überprüfung zu unterziehen, um die Compliance Ihres Unternehmens in sämtlichen involvierten Ländern sicherzustellen.
Gerne unterstützt Sie das P&O Team sowohl bei der Analyse bzw. Risikoeinschätzung derartiger Set-ups als auch bei der Umsetzung von eventuell notwendigen Compliance-Schritten.
Sie wollen mehr zu dem Thema erfahren? Lesen Sie hier die Sicht aus dem Arbeitsrecht: Internationaler Einsatz von Geschäftsführer:innen – Welche Aspekte gilt es arbeitsrechtlich zu beachten?