Homeoffice aus arbeits- und sozialrechtlicher Sicht
Der Begriff „Homeoffice“ ist seit einem Jahr in aller Munde – seit fast einem Jahr stehen auch gesetzliche Neuregelungen für Arbeit im Homeoffice an. Aus dem am 15. Februar 2021 vom Bundesministerium für Arbeit zur Begutachtung vorgelegten Entwurf für ein Homeoffice-Gesetz lässt sich bereits erkennen, wie sich die Rechtslage in Bezug auf die „Remote“-Arbeit in Zukunft – und auch in der Zeit nach der COVID-19-Pandemie – ändern wird. In Kraft treten sollen die neuen Regelungen voraussichtlich mit 1. April 2021. Nachfolgend wollen wir Ihnen die wichtigsten Neuerungen präsentieren und einen ersten Einblick geben.
Definition und Vereinbarung von Homeoffice
Zunächst soll im neu eingefügten § 18c AVRAG der Begriff Homeoffice definiert werden. Arbeit im Homeoffice liegt demnach dann vor, wenn ein Arbeitnehmer Arbeitsleistungen in der Wohnung erbringt. Der Begriff „Wohnung“ soll auch eine Wohnung an einem Nebenwohnsitz oder die Wohnung eines nahen Angehörigen oder Lebensgefährten einschließen.
Als Grundlage für die Arbeit im Homeoffice wird künftig eine schriftliche einzelvertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abzuschließen sein (§ 18c Abs 2 AVRAG). Die Möglichkeit einer einseitigen Anordnung durch den Arbeitgeber bzw einseitigen Inanspruchnahme durch den Arbeitnehmer ist nicht vorgesehen. Die Möglichkeit von Zuhause zu arbeiten soll somit weiterhin auf Freiwilligkeit beruhen. Dementsprechend soll auch die Vereinbarung eines einseitigen Weisungsvorbehalts des Arbeitgebers, ob überhaupt Homeoffice ausgeübt wird, nicht zulässig sein.
Die Vereinbarung soll beiderseits jedenfalls aus wichtigem Grund unter Einhaltung einer Frist von einem Monat widerrufen werden können. Ein derartiger wichtiger Grund ist beispielsweise eine wesentliche Veränderung der Wohnsituation des Arbeitnehmers oder eine wesentliche Veränderung der betrieblichen Erfordernisse. Es ist jedoch anzunehmen, dass vertraglich zusätzlich andere Beendigungsmöglichkeiten vereinbart werden können, was unserer Meinung nach auch zu empfehlen ist.
Eine Homeoffice-Vereinbarung sollte insbesondere Bestimmungen zu den folgenden Punkten enthalten:
- Ort der Arbeitsleistung,
- Arbeitszeit und Arbeitszeitaufzeichnung,
- Arbeitsmittel sowie eventuelle (Pauschal)Abgeltung,
- Datenschutz,
- Beendigungsmöglichkeiten.
Betriebsvereinbarung
In Betrieben mit Betriebsrat wird zukünftig die Möglichkeit geschaffen, allgemein gültige Regelungen für die Organisation von Homeoffice in Form einer fakultativen Betriebsvereinbarung zu vereinbaren. Dazu soll mit § 97 Abs 1 Z 27 ArbVG die Liste der fakultativen Betriebsvereinbarungstatbestände um den Tatbestand „Festlegung von Rahmenbedingungen für Arbeit im Homeoffice“ erweitert werden. Dieser umfasst auch jene Aspekte von Homeoffice, die bisher bereits unter andere freiwillige Betriebsvereinbarungstatbestände fallen, wie die Regelung des (pauschalen) Kostenersatzes. Eine erzwingbare Mitbestimmung durch den Betriebsrat bei der Regelung von Homeoffice ist nicht geplant.
Die Betriebsvereinbarung über Homeoffice soll jedoch lediglich die Rahmenbedingungen als Grundlage für eine Einzelvereinbarung festlegen. Die Vereinbarung der Arbeit im Homeoffice an sich ist ausschließlich im Rahmen einer Einzelvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer möglich. Daneben sind selbstverständlich auch die einschlägigen Bestimmungen über Homeoffice oder Telearbeit in Kollektivverträgen zu beachten (zB IT-Kollektivvertrag).
Digitale Arbeitsmittel
Klargestellt wird, dass Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern grundsätzlich die für das regelmäßige Arbeiten im Homeoffice erforderlichen digitalen Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen haben. Darunter sind sowohl die erforderliche IT-Hardware als auch die Datenverbindung zu verstehen. Die Verpflichtung soll nicht bestehen, wenn die Ausübung von Homeoffice nur einmalig erfolgt ist, ohne dass weitere Einsätze im Homeoffice beabsichtigt wären. Einzelvertraglich oder im Rahmen einer Betriebsvereinbarung kann auch die Verwendung von mitarbeitereigenen Arbeitsmitteln vereinbart werden, wofür der Arbeitgeber eine angemessene (Pauschal)Abgeltung zu leisten hat.
Arbeitszeit und -ruhe
Sämtliche Bestimmungen über Arbeitszeit (AZG) und Arbeitsruhe (ARG) sowie die vertraglichen Vereinbarungen über die Arbeitszeit sind auch bei der Arbeit im Homeoffice anzuwenden. So gilt schon jetzt eine Beschäftigung eines Arbeitnehmers „in seiner eigenen Wohnung“ als Arbeitszeit (§ 2 Abs 2 AZG). Wie auch bisher kann bei der Arbeitszeiterfassung bei überwiegender Tätigkeit im Homeoffice eine Saldenaufzeichnung (anstelle der genauen Erfassung des Beginns und Endes der täglichen Arbeitszeit inklusive der Pausen) durchgeführt werden, soweit die gesetzlichen Bestimmungen des AZG erfüllt sind.
Haftung von Haushaltsangehörigen
Im Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG) wird klargestellt, dass durch Haushaltsangehörige oder Haustiere des Arbeitnehmers im Zuge von Arbeiten im Homeoffice zugefügte Schäden an Arbeitsmitteln des Arbeitgebers dem Arbeitnehmer als „Schadensverursacher“ zuzurechnen sind, so dass auch in diesen Fällen die Privilegierungen des DHG anwendbar sind (zB mögliche Mäßigung des Schadensersatzanspruchs).
Arbeitnehmerschutz
Die derzeitigen, für Homeoffice relevanten Regelungen des ASchG und des ArbIG bleiben weiterhin anwendbar. Die Privatwohnung gilt bereits jetzt als auswärtige Arbeitsstelle iSd § 2 Abs 3 letzter Satz ASchG. Hier kommen insbesondere die Bestimmungen über Bildschirmarbeit des ASchG zum Tragen.
Arbeitgeber sind angehalten, die Arbeitnehmer vor Beginn der Ausübung von Homeoffice zu den Erfordernissen der Arbeitsplatzgestaltung zu unterweisen. Es trifft sie jedoch nur dann eine Verantwortung nach dem ASchG für die Ausstattung des Homeoffice, wenn sie dazu beispielsweise Büromöbel oder technische Arbeitsgeräte bereitgestellt haben.
Weiters wird im ArbIG ausdrücklich festgehalten, dass das Arbeitsinspektorat private Wohnungen von Arbeitnehmern im Homeoffice nur mit deren Zustimmung betreten darf. Ein absolutes Betretungsverbot – wie noch im Homeoffice-Maßnahmenpaket 2021 geplant – wird somit nicht verwirklicht, aber auch kein Betretungsrecht. Ergänzend soll eine Musterevaluierung von Homeoffice-Arbeitsplätzen erarbeitet werden.
Unfallversicherung
In Bezug auf die Unfallversicherung im Homeoffice wird die im Vorjahr (ursprünglich befristet) eingeführte COVID-Regelung ins Dauerrecht übernommen, sodass Unfälle am Aufenthaltsort der versicherten Person (Homeoffice) im Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung auch in Zukunft als Arbeitsunfälle gelten.
Anders als noch im kürzlich beschlossenen Homeoffice-Maßnahmenpaket 2021 dargelegt, sollen laut dem Entwurf auch weiterhin Unfälle bei der Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse sowie diesbezüglicher Wege (§ 175 Abs 2 Z 7 ASVG) in Zusammenhang mit Homeoffice als Arbeitsunfälle qualifiziert werden. So sind beispielsweise Einkäufe von Mittagessen im Supermarkt auch dann erfasst, wenn diese vom Homeoffice aus angetreten werden. Dies gilt jedoch – entsprechend der allgemeinen Regel – nicht für Unfälle, die sich erst nach Beendigung der Arbeit oder in Arbeitspausen etwa bei der Erledigung des Tages- oder Wocheneinkaufs für die folgenden Tage ereignen.
Wegunfälle beispielsweise im Zusammenhang mit Arztbesuchen oder bei der Begleitung von Kindern von und zur Schule sind ebenso weiterhin auch bei Arbeit im Homeoffice erfasst.
Homeoffice aus steuerlicher Sicht
Auch steuerlich enthält der Entwurf Vorschläge, wie der Tatsache, dass den ArbeitnehmerInnen bei einer im Homeoffice ausgeübten, beruflichen Tätigkeit Kosten erwachsen, Rechnung zu tragen ist, etwa durch Geltendmachung von tatsächlichen Werbungskosten oder einer Homeoffice-Pauschale, die allenfalls auch (nicht-steuerbar) vom Arbeitgeber geleistet werden kann.
Wie genau die neuen Regelungen lauten werden, ist derzeit noch in Diskussion. Nachdem diese jedoch aller Voraussicht nach auch das (bereits abgelaufene) Veranlagungsjahr 2020 betreffen werden, empfiehlt es sich, mit der Arbeitnehmerveranlagung 2020 noch entsprechend zuzuwarten.
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