Neue EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern: Was HR ManagerInnen darüber wissen sollten!
Am 23. Oktober 2019 hat das Europäische Parlament und der Rat eine Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern beschlossen. Neben der Einrichtung eines internen Hinweisgebersystems und einer Rückmeldepflicht an Hinweisgeber kommen weitere Neuerungen auf Unternehmen zu.
In ihrer Funktion als zentrale Anlaufstelle für alle Mitarbeiter spielt die Personalabteilung häufig eine tragende Rolle bei der Umsetzung von Whistleblowing-Maßnahmen. Ob operativ bei der Umsetzung geeigneter Prozesse oder beratend bei der Einführung eines Hinweisgebersystems: Gerade HR ManagerInnen sind wichtige Stakeholder bei diesem sensiblen Thema!
Weiter unten haben wir die wichtigsten Punkte der neuen EU-Richtlinie für Sie zusammengefasst.
Die neue EU-Richtlinie für Sie im Überblick
Für wen gilt die neue EU-Richtlinie?
Die neue EU-Richtlinie gilt grundsätzlich für alle juristischen Personen des privaten Sektors mit mehr als 50 MitarbeiterInnen sowie für alle juristischen Personen des öffentlichen Sektors (dh auch Länder und Gemeinden) einschließlich Stellen, die im Eigentum oder unter der Kontrolle einer solchen juristischen Person stehen, und verlangt von ihnen die Einrichtung eines internen Hinweisgebersystems, um Meldungen entgegennehmen zu können.
Wen schützt die neue EU-Richtlinie?
Die neue EU-Richtlinie schützt alle Personen, die Verstöße gegen bestimmte Bereiche des EU-Rechts melden, vor möglichen Repressalien (z.B. Angestellte, Auftragnehmer, Zulieferer, Selbstständige, Praktikanten, Bewerber, ehrenamtlich Tätige).
Was regelt die neue EU-Richtlinie?
1. Einrichtung klarer Meldekanäle und vertrauenswürdiger Kommunikationswege
Betroffene Unternehmen müssen ein internes Hinweisgebersystem implementieren, das die Vertraulichkeit der Identität des Hinweisgebers und Dritter, die in der Meldung erwähnt werden, wahrt und nicht befugten Mitarbeitern der Zugriff darauf verwehrt. Es muss die Möglichkeit geschaffen werden, Hinweise telefonisch, schriftlich oder persönlich abzugeben. Den Hinweisen muss innerhalb angemessener Frist nachgegangen werden. Außerdem ist ein Verantwortlicher zu benennen, der mit dem Hinweisgeber in Kontakt bleibt, diesen erforderlichenfalls um weitere Informationen ersucht und ihm Rückmeldung gibt.
2. Informationspflicht
Gegenüber dem Hinweisgeber besteht die Pflicht, den Eingang seiner Meldung innerhalb von sieben Tagen zu bestätigen und ihn innerhalb von drei Monaten über die eingeleiteten Folgemaßnahmen zu informieren.
3. Schutz vor Repressalien
Die Richtlinie hat das Ziel, Hinweisgeber vor Repressalien, wie Belästigung am Arbeitsplatz, Diskriminierung oder Entlassung zu schützen.
Es gilt das Prinzip der Beweislastumkehr, dh es wird vermutet, dass die Benachteiligung eine Repressalie für die Meldung war. Es obliegt daher der Person, die die benachteiligende Maßnahme ergriffen hat, zu beweisen, dass diese Maßnahme auf hinreichend gerechtfertigten Gründen basierte. Hinweisgeber werden außerdem dadurch geschützt, dass sie für die Meldung und die damit verbundene Offenlegung von Informationen in keiner Weise haftbar gemacht werden können. Gleiches gilt für Personen, die den Hinweisgeber unterstützt haben (z.B. Mittelspersonen, KollegInnen oder Verwandte).
4. Sanktionen bei Verstößen gegen die neue EU-Richtlinie
Sanktionen bei Verstößen gegen die neue EU-Richtlinie sind in dieser nur vage definiert und müssen noch vom nationalen Gesetzgeber konkretisiert werden.
5. Einrichtung eines mehrstufigen Systems
Die neue EU-Richtlinie sieht die Einrichtung eines mehrstufigen Hinweisgebersystems vor. Zunächst soll der Hinweisgeber die Möglichkeit erhalten, Verstöße intern zu melden.
Die neue EU-Richtlinie definiert die Kriterien für die Ausgestaltung eines solchen internen Hinweisgebersystems. Beispielsweise muss ein solches System sicher konzipiert sein und die Anonymität des Hinweisgebers wahren. Weiters sollen Meldungen schriftlich, mündlich oder im Wege einer physischen Zusammenkunft abgegeben werden können. Darüber hinaus muss unbefugten Mitarbeitern der Zugriff auf diese Meldungen verwehrt sein.
Eine genaue Definition darüber, wie die Meldung auszusehen hat, fehlt in der Richtlinie. Es ist daher davon auszugehen, dass die Begriffe weit auszulegen sind, um es dem Hinweisgeber so einfach wie möglich zu machen, Verstöße zu melden.
Sollte nach der internen Meldung eines Verstoßes keine Maßnahme durch das Unternehmen oder die öffentliche Einrichtung ergriffen werden, kann sich der Hinweisgeber an einen externen Meldekanal (z.B. Behörde) wenden.
In letzter Instanz ist der Weg an die Öffentlichkeit vorgesehen. Dieser Schritt ist allerdings nur nach Erfolglosigkeit einer Meldung (z.B. in Ermangelung einer Rückmeldung) sowie im Falle der Gefährdung öffentlicher Interessen zulässig.
Generell gilt, das ein internes Meldesystem für Unternehmen vorteilhaft ist, da sie vorab selber über den Missstand Bescheid wissen und diesen korrigieren können. Sollte es kein Meldesystem geben, so besteht für Unternehmen ein weitaus höheres Risiko, dass sich der Hinweisgeber direkt an die Behörde oder im schlimmsten Fall an die Öffentlichkeit wendet.
Tipps für die Umsetzung der neuen EU-Richtlinie
Überlegen Sie, wer als potentieller Hinweisgeber in Betracht kommt (z.B. MitarbeiterInnen, Lieferanten) bzw. in welchen Sprachen Sie das Hinweisgebersystem zur Verfügung stellen wollen.
Definieren Sie Ansprechpersonen/Verantwortlichkeiten (inklusive Urlaubsvertretung). Wer soll die eingehenden Meldungen bearbeiten?
Überlegen Sie sich eine Kategorisierung für gemeldete Hinweise (bspw. Beschränkung auf schweres Fehlverhalten und gerichtlich strafbare Handlungen), um im Case-Management strukturiert vorgehen zu können.
Gerne unterstützen wir Sie bei der:
- Konzeptionierung eines Hinweisgebersystems,
- Implementierung (Kooperation mit externen Anbietern von marktführenden web-basierten Hinweisgebersystemen) sowie
- Aufklärung von potenziellen Unregelmäßigkeiten.
Ihre Ansprechpartner von PwC sind gerne für Sie da.