A1-Formulare auch für kurze Dienstreisen und Meetings?
Es war einmal …
ein Geschäftsmeeting bei der Holding-Gesellschaft A mit Sitz in der EU.
Teilnehmer sind Manager aus den Konzerngesellschaften mit Sitz in verschiedenen EU-Ländern, unter anderem Österreich. Eine Begegnung zweier Manager im Aufzug, beide angereist aus Österreich, verleiht dem Small Talk schnell ein ganz besonderes Gewicht.
Manager 1: Hast du auch so eine A1 Bescheinigung bekommen für dieses Meeting? Ich finde das ja übertrieben. So ganz verstehe ich auch nicht, was es damit auf sich hat.
Manager 2: Ein A1? Braucht man das nicht nur für Entsendungen oder längere berufliche Aufenthalte im Ausland? Wir haben doch nur das Meeting heute!
Manager 1: Ja, das dachte ich auch. Aber unser Steuerberater bei PwC Österreich hat uns von der Notwendigkeit eines A1 ab dem ersten Tag berichtet und die Konsequenzen und Risiken aufgezeigt, sollte bei einer Kontrolle kein A1 vorgelegt werden können.
Was ist der rechtliche Hintergrund?
Durch die Verordnung (EG) 883/2004 sind Arbeitgeber bzw Arbeitnehmer verpflichtet, im Falle grenzüberschreitender Einsätze beim zuständigen Krankenversicherungsträger ein A1-Formular zu beantragen. Dieses Dokument bescheinigt, dass das Sozialversicherungsrecht des Heimatstaates während der Tätigkeit im Ausland weiterhin anwendbar bleibt und verhindert so, dass auch im Ausland Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten sind.
Oftmals wird das Erfordernis von A1-Formularen ausschließlich mit Entsendungen im herkömmlichen Sinn, also langfristigen (Projekt-)Einsätzen im Ausland, assoziiert. Dienstreisen werden in diesem Zusammenhang häufig außen vorgelassen. Die genannte Verordnung nimmt allerdings keine Unterscheidung vor: Auch eine kurze Teilnahme an Seminaren, Meetings oder Konferenzen im Ausland löst die Pflicht zur Beantragung eines A1-Formulars aus. Eine zeitliche „Bagatellgrenze“, ab der erst ein A1-Formular vorliegen muss, gibt es nicht – jeder noch so kurze beruflich bedingte Grenzübertritt erfordert die Mitführung eines A1-Formulars.
Wie beantragt man ein A1 in Österreich?
Das A1 Formular wird beim zuständigen Krankenversicherungsträger elektronisch via ELDA beantragt. Im Falle von grenzüberschreitenden Einsätzen nach Art 12 der Verordnung („Entsendung“) obliegt die Antragstellung dem Dienstgeber; übt eine Person nach Art 13 der Verordnung ihre Beschäftigung gewöhnlich in zwei oder mehreren Mitgliedstaaten aus („Multi-State-Worker“), so ist es grundsätzlich die Aufgabe des Dienstnehmers, ein A1-Formular für sich zu beantragen.
Die Antragstellung hat im Vorhinein zu erfolgen, also vor Antritt der Reise. Eine rückwirkende Antragstellung ist grundsätzlich möglich, jedoch sollten die Risiken im Zusammenhang mit etwaigen Kontrollen im Ausland beachtet werden.
Welche Risiken bestehen, wenn kein A1 vorliegt?
Wird im Tätigkeitsstaat das erforderliche A1-Formular nicht bereitgehalten, drohen in vielen europäischen Ländern Verwaltungsstrafen, die bis zu einer Ausweisung und einem Einreiseverbot führen können. Wie die Strafen konkret ausgestaltet sind, hängt von den jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften ab.
Wird ein Mitarbeiter eines ausländischen Arbeitgebers ohne A1-Formular in Österreich angetroffen, können Beiträge zur Sozialversicherung vorgeschrieben werden. Weiters ist mit Strafzahlungen nach dem LSD-BG sowie dem ASVG zu rechnen, wobei Strafen im Wiederholungsfall mit bis zu 20.000 Euro pro Verstoß und pro Dienstnehmer festgesetzt werden können.
Welche Änderungen sind geplant?
Im Dezember 2016 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Novellierung der Verordnung 883/2004 vorgelegt. Im März 2019 wurde verkündet, dass sich die EU-Rechtsetzungsorgane auf eine vorläufige Einigung verständigt haben, die aber noch einer förmlichen Annahme durch das Europäische Parlament und den Rat bedarf.
Die geplanten Änderungen sehen unter anderem vor, dass für bestimmte kurze Dienstreisen die Notwendigkeit zur Beantragung von A1-Formularen entfallen soll. Doch auch wenn in den Medien kolportiert wird, dass diese Änderungen bereits beschlossen worden wären, so ist ausdrücklich festzuhalten, dass die – wie auch immer letztlich ausgestalteten – neuen Regelungen zur Verordnung 883/2004 derzeit noch nicht in Kraft sind und das A1-Erfordernis auch bei Dienstreisen nach wie vor besteht!
Wie kann PwC Sie unterstützen?
PwC Österreich berät Sie gerne im Zusammenhang mit Fragen rund um Ihre „Business Traveller“, und unterstützt Sie auch bei der optimalen Gestaltung Ihrer Dienstreiseprozesse und der Implementierung des elektronischen A1-Antragsverfahrens (Robotic Process Automation „RPA“).
Gemeinsam mit Ihnen finden wir Lösungen für eine optimale – zum Beispiel automatisationsbasierte – Beantragung von A1 Bescheinigungen auch für größere Dienstreisevolumen.
