Die Arbeitszeitgesetz-Novelle – das Wichtigste in Kürze
Die am 14.08.2018 im Bundesgesetzblatt kundgemachte Novelle des Arbeitszeitgesetzes („AZG“) und des Arbeitsruhegesetzes („ARG“) sorgt für eine Vielzahl an Änderungen im bestehenden österreichischen Arbeitszeitrecht. Die Novelle zielt darauf ab, das Arbeitszeitvolumen besser an die Auftragslage der Unternehmen anzupassen. Die Änderungen sind mit 01.09.2018 in Kraft getreten.
Die wichtigsten Eckpunkte sind:
- Möglichkeit der Ausdehnung der Höchstarbeitszeit auf 12 Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche (unter Beachtung einer durchschnittlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden in einem 17-Wochen-Durchrechnungszeitraum) unterfolgenden Rahmenbedingungen :
- Ablehnungsrecht ohne Angabe von Gründen bzgl jener Überstunden, die Arbeitsleistungen von 10 Stunden pro Tag bzw 50 Stunden pro Woche überschreiten würden.
- Diskriminierungsverbot, wegen der Ablehnung dieser Überstunden darf keine Benachteiligung erfolgen, insbesondere hinsichtlich des Entgelts, der Aufstiegsmöglichkeit und der Versetzung.
- Motivkündigungsschutz: Kündigungsanfechtungsmöglichkeit, wenn aufgrund der Ablehnung eine Kündigung ausgesprochen werden würde.
- Wahlrecht: ArbeitnehmerInnen können wählen, ob diese Überstunden (über 10 bzw 50) in Geld oder Zeitausgleich abgegolten werden sollen.
- Ausdehnung der täglichen Normalarbeitszeit bei Gleitzeit auf bis zu maximal 12 Stunden unter der Voraussetzung, dass die Gleitzeitvereinbarung
- eine Konsumation eines ganzen Gleittages ermöglicht sowie
- einen Verbrauch iZm einer wöchentlichen Ruhezeit nicht ausschließt
- Übergangsbestimmung: Bestehende Gleitzeitvereinbarungen bleiben aufrecht sowie kommen günstigere Regelungen in Kollektivvertrag („KV“) und Betriebsvereinbarung („BV“) zur Anwendung.
- Durchrechnung: Der KV kann nunmehr eine mehrmalige Übertragung von Zeitguthaben und Zeitschulden in die nächsten Durchrechnungszeiträume zulassen.
- Möglichkeit der Beschäftigung an bis zu 4 Wochenenden oder Feiertagen pro Kalenderjahr pro Arbeitnehmer durch BV oder schriftliche Einzelvereinbarung in Betrieben ohne Betriebsrat:
- Ablehnungsrecht ohne Angabe von Gründen
- Diskriminierungsverbot
- Motivkündigungsschutz: Kündigungsanfechtungsmöglichkeit, wenn aufgrund der Ablehnung eine Kündigung erfolgt.
- Möglichkeit der Verkürzung der täglichen Ruhezeit im Tourismus von 11 auf 8 Stunden bei allen ArbeitnehmerInnen in Küche und Service, sofern sie einen geteilten Dienst haben
- Erweiterung der Ausnahmen vom Geltungsbereich des AZG und ARG: Familienangehörige und ArbeitnehmerInnen mit maßgeblicher selbständiger Entscheidungsbefugnis entsprechend der EU-Arbeitszeitrichtlinie sind vom Geltungsbereich des AZG und ARG unter der Voraussetzung ausgenommen, dass die Arbeitszeit aufgrund der besonderen Merkmale der Tätigkeit
- nicht gemessen oder im Voraus festgelegt wird, oder
- von diesen ArbeitnehmerInnen hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann.
Vor dem In-Kraft-Treten der Gesetzesnovelle war eine Höchstarbeitszeit von bis zu 12 Stunden am Tag und 60 Stunden pro Woche nur innerhalb eines bestimmten Arbeitszeitmodells (zB Schichtarbeit) oder aufgrund einer Zulassung durch BV („Sonderüberstunden“ gemäß § 7 Abs 4 AZG) möglich. Ab 01.09.2018 ist dies nun ab jeglichem „erhöhten Arbeitsbedarf“ erlaubt und ohne separate Formalismen wie BV oder Einzelvereinbarung mit arbeitsmedizinischer Unbedenklichkeitsbescheinigung möglich. Allerdings in Zusammenhang mit einer „Freiwilligkeitsgarantie“ durch die Einführung eines grundlosen Ablehnungsrechts.
Die Novelle führt in § 32c Abs 10 AZG als Übergangsbestimmung ein, dass bestehende Gleitzeitvereinbarungen aufrecht bleiben. Regelungen in KV und BV, die für die ArbeitnehmerInnen günstigere Bestimmungen vorsehen, werden durch diese Gesetzesänderungen nicht berührt. In der Praxis bedeutet dies, dass bereits bestehende Gleitzeitvereinbarungen auf ihre Kompatibilität mit den Voraussetzungen für eine tägliche Normalarbeitszeit von bis zu 12 Stunden zu prüfen sind. Sollten die Voraussetzungen nicht vorliegen müsste für die Umsetzung der erweiterten Grenzen eine neue Gleitzeitvereinbarung abgeschlossen werden.
Haben Sie Fragen zu diesen bzw anderen arbeitsrechtlichen Themenstellungen oder wünschen Sie die Überprüfung bzw Anpassung bereits bestehender Vereinbarungen entsprechend der genannten Gesetzesänderungen so kommen Sie bitte auf uns zu. Wir beraten Sie sehr gerne.
